Gedenken mit gekonnter Dissonanz

So, als ob Trauer über Kriegstote kein Nachdenken über die Ursachen des Sterbens nötig mache. So, als handele es sich wieder um ein „Heldengedenken„, begrüßten die Veranstalter der zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag in Bochum auch die anwesenden Vertreter der Bundeswehr als Ehrengäste. The same procedure as every year. Das Friedensplenum hatte bei den Veranstaltungen von Stadt und Kriegsgräberfürsorge in den vergangenen Jahren mit Plakaten daran erinnert, dass Soldaten in erster Linie Täter und nicht Opfer sind. In diesem Jahr hatten die VeranstalterInnen angekündigt, mit einem neuen Konzept zu gedenken. Selber trugen sie  dazu nicht viel bei. Aber SchülerInnen des Neuen Gymnasiums, die einen großen Teil des Programms gestalteten, setzten andere Akzente. Sie nutzten den Gedenktag zum Nachdenken. Im Geschichtskurs hatten sie sich mit Zwangsarbeit in Bochumer Betrieben beschäftigt, vergessene Gräberfelder auf dem Blumenfriedhof aufgesucht und schlugen den Bogen von den Schrecken des faschistischen Krieges über heutigen Rassismus zu den Flüchtlingen, die vor Waffen fliehen, die aus Deutschland exportiert wurden. An die Vergangenheit wollen sie erinnern, „damit sich sowas auf keinen Fall wiederholt.
Auch musikalisch setzten sich Chor und Orchester der Schule (Foto) von jeder Kriegsverherrlichung ab. Das Lied vom Kameraden, das bis heute bei Trauerfeiern für Soldaten intoniert wird, wurde dissonant verfremdet und brach ab an der Stelle, als der getroffene Soldat die Hand seines Kameraden sucht, der aber lieber weiterkämpft. Der Chorleiter sah sich genötigt, dem Publikum zu erklären, dass der Chor von dem schlichten Lied musikalisch nicht überfordert sei. Die anwesenden Soldaten und einige weitere Heldengedenker hatten geklatscht. Gegen die verlogene Heroisierung des Soldatentodes wurde anschließend das von Hannes Wader bearbeitete Lied „Es ist an der Zeit“ gesungen. Der Refrain des bekannten Liedes über den Tod eines jungen Soldaten im Ersten Weltkrieg lautet: „Ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so, wie sie es mit uns heute immer noch tun…“ Jetzt blieben einige Hände ruhig. Das machte nichts. Die SchülerInnen bekamen einen riesigen Applaus für ihren gekonnt dissonanten Auftritt.
Die SchülerInnen des Geschichtskurses haben das Manuskript ihrer Ausarbeitung zur Zwangsarbeit zur Verfügung gestellt.
Wahrscheinlich kann auch noch die visuelle Präsentation zum Thema Zwangsarbeiter in Bochum an die Stelle veröffentlicht werden.

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