8.000 Fernsehmorde im Grundschulalter

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
eine ähnliche Rede wie diese habe ich bereits vor 2 Jahren auf dem Ostermarsch gehalten. Es gibt aber meiner Ansicht nach (friedenspolitische) Themen, über die kann man gar nicht genug reden, bzw. wird viel zu wenig geredet. Eines dieser Themen ist die Auf- bzw. Abrüstung im Kinderzimmer. Als Mutter von fünf Kindern (davon 3 Jungs) fühle ich mich für dieses Thema besonders verantwortlich. Amerikanische Kinder und Jugendliche verbringen mehr Zeit vor dem Bildschirm als mit jeder anderen Tätigkeit außer Schlafen. Schon Zweijährige sitzen dort zwei Stunden vor dem Bildschirm. Ein Durchschnittsschüler hat dort nach Abschluß der High-School (das heißt nach 12 Schuljahren) etwa 13.000 Stunden in der Schule verbracht – und 25.000 vor dem Fernsehapparat. Der amerikanische Medizinerverband American Medical Associatin hat geschätzt, dass ein Kind nach Abschluss der Grundschlule, also mit zehn oder elf Jahren, bereits 8.000 Morde und 100.000 Gewalttaten im Fernsehen gesehen. Es wurde weiterhin geschätzt, dass Kinder, die in Haushalten mit Kabelanschluss oder Videorekorder aufwachsen, bis zum 18. Lebensjahr 32.000 Morde und 40.000 versuchte Morde gesehen haben und dass diese Zahlen für bestimmte Bevölkerungsgruppen in den Innenstädten noch weit höher liegen.

Hierzulande ist die Datenlage nicht viel besser: Der tägliche Fernrsehkonsum liegt im Vorschulalter bei 70 Minuten, im Grundschulalter (bei den Sechs- bis Neunjährigen) bei gut 1,5 Stunden und bei den 10- bis 13jährigen bei knapp zwei Stunden. Besitzt ein Kind sein eigenes Fernsehgerät, schaut es noch deutlich mehr fern. Der Anteil der Kinder mit eigenem Fernseher nimmt zu. Gewalt kommt in 78,7% aller Sendungen des deutschen Fernsehens vor, ein Wert der Anfang der 90 iger Jahre noch bei knapp 47,7% lag. In Deutschland sehen 20% der Jugendlichen jeden Tag mindestens einen Horrorfilm.
In jeder Stunde Fernsehprogramm werden im Durchschnitt 4, 12 Schwerste Gewalttaten (z.B. Morde) und 5,11 schwere Gewalttaten. Kindersendungen stehen, was die Häufigkeit von Gewalttaten angeht an zweiter Stelle.

Hinzu gesellt sich in den letzten Jahren schleichend und von vielen nicht wahrgenommen eine „Industrie“, die das Fernsehen im Hinblick auf die Stärke der negativen Auswirkungen noch übertrifft: In Computer und Videospielen wird Gewalt nicht passiv konsumiert, sondern aktiv trainiert. Dies ist im Grunde ein unglaublicher Vorgang. Milliarden werden ausgegeben, um die Kinder im Töten zu perfektionieren. Je brutaler und grausamer das Spiel ist, desto höher ist seine Attraktivität bei Kindern und Jugendlichen. Weiterhin wird Gewalt in Video- oder Computerspielen noch belohnt, man erntet Punkte, sammelt neue Leben…
80% der Computerspiele beinhalten Gewalt, 20% davon explizit Gewalt gegen Frauen.

Bei der überwiegenden Mehrzahl der Computer und Videospiele handelt es sich um Softwear zum Trainieren von Gewalt, zum Abgewöhnen von Tötungshemmung und zur Abstumpfung gegenüber Mitgefühl und sozialer Verantwortung. Die Spiele wurden zum Teil explizit vom Militär entwickelt. Mit dem Spiel „American`s Army“ werden die Kinder in die Details militärischer Organisationsformen und Arbeitsweisen von Dienstrangbezeichnungen bis Erstürmungsstrategien eingeführt. Dann lernen sie Schießen auf Menschen und wer das alles kann hat bei der Bewerbung in der US-Armee eine bessere Chance.

Durch zahlreiche Untersuchungen ist inzwischen belegt: Gewalt in Videospielen führt zu mehr Gewalt in der realen Welt.
Kurzfristig kommt es gerade bei Kindern und Jugendlichen durch Gewalt- in Computer- und Videospielen zu einer Steigerung der Erregung, langfristig kommt es zu einer Abstumpfung gegenüber realer Gewalt. Für das Denken, fühlen und Handeln von Kindern und Jugendlichen wird Gewalt zum Normalfall und die Fähigkeit des Mitgefühls für andere nimmt ab.
Dies hat mehrere Konsequenzen. Gewalt spielt im Leben von Schülern und Jugendlichen eine zunehmende Rolle. Als Spitze des Eisberges sind hier sicher die Amokläufe zu sehen. (Selbst im Kölner Karneval machen sich die Stadtväter ernsthaft Sorgen um die massive Zunahme der Gewalt unter/ bei Jugendlichen.)
In den USA glaubten 1993 35% aller Schüler des 12. Schuljahres, sie würden nicht alt, weil sie vorher erschossen würden.

Es wird weiter bei Kindern und Jugendlichen kaum noch ein Bewusstsein für Krieg und Frieden geben. Gewalt und gewaltsamer Tod, werden zukünftige Generationen kaum noch erschrecken und hinterm Ofen weglocken.

Deshalb müssen wir als Friedensbewegung uns diesem Thema stellen, wenn es uns noch länger als 10 Jahre geben soll.
Wir müssen die Ignoranz durchbrechen und wieder forden:
Kein Kriegsspielzeug in Kinderhände

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