Fünf gute Gründe

am 16.02. in München gegen die sogenannte NATO-Sicherheitskonferenz auf die Straße zu gehen, nennt Walter Listl  auf den Seiten des isw  . Dort heißt es: „Vom 15. Bis 17. Februar werden sich in München wieder internationale Waffenhändler, Kriegsstrategen und ihre politischen Helfershelfer unter dem Vorwand treffen, eine „Sicherheitskonferenz“ durchzuführen. Auch diesmal werden wieder Tausende auf die Straße gehen und gegen Rüstung, Krieg, Waffenexporte und Abschiebepraxis zu demonstrieren. Dafür gibt es gute Gründe. Weiterlesen 

Der Chef der „Siko“, Wolfgang Ischinger stellte in einem Spiegelinterview fest: Wir erleben einen Epochenbruch. Seit dem Zerfall der Sowjetunion war die Lage nie gefährlicher als heute.“

Er muss es wissen, sitzt er doch seit Jahren mit jenen im Hotel Bayerischer Hof zusammen, die für diese gefährliche Lage verantwortlich sind. Da wären als erstes die Vertreter der USA und der NATO, die den Ausstieg aus dem INF-Vertrag angekündigt bzw. gerechtfertigt haben. Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg regt bereits eine Debatte darüber an, dass nach diesem Ausstieg Mittelstreckenraketen in Europa stationiert werden sollen. Mit diesen Raketen könnten dann die USA alle relevanten militärischen und zivilen Ziele in Russland bis weit hinter den Ural bekämpfen und auslöschen. Umgekehrt aber könnten die russischen Raketenstreitkräfte mit Mittelstreckenraketen nicht die USA erreichen, sondern „nur“ Westeuropa bombardieren.

Die USA könnten sich so Hoffnung machen, einen Atomkrieg auf dem Rücken ihrer Verbündeten auszutragen und zu gewinnen. Es ist die alte Illusion, einen „begrenzten Atomkrieg“ – in diesem Fall in Europa – führen zu können. Es gibt einen weiteren Grund für die Aufkündigung des INF-Vertrages: Der Austritt aus dem Vertrag würde es den USA ermöglichen, künftig landgestützte Mittelstreckenraketen in Ost- und Südostasien zu stationieren und so China auf eigenem Territorium einzukesseln und atomar zu bedrohen. Die Meeresstraßen, die das Handelsland China braucht, wären damit unter Kontrolle der USA. German-foreign-policy.com kommentiert das unter der Überschrift: „Ein Alptraumszenario für China“.

Ein zweiter Grund, gegen die Siko auf die Straße zu gehen ist die gefährliche „Waffenbrüderschaft“ von Banken und Rüstungskonzernen. Finanzkonzerne befeuern Kriege und arbeiten mit Konzernen zusammen, die tief in das Geschäft mit Atomwaffen verstrickt sind. Laut einer Umfrage der Verbraucherzentrale Bremen sagen 76 Prozent der Befragten, dass Investitionen in die Bereiche Rüstung und Waffen verboten werden sollten. Die Realität aber sieht anders aus:

Rüstungsgeschäfte deutscher Banken und Fonds

Institut Betrag (Euro) Profitierende Unternehmen
UniCredit Group/ Hypovereinsbank 4,463 Mrd. Airbus, MTU Aero Engines, Northrop Grumman, Rheinmetall, Rolls Royce und thyssenkrupp
Deutsche Bank 1,932 Mrd. Airbus, Boeing, MTU Aero Engines, Northrop Grumman, Raytheon, Rheinmetall, Rolls Royce und thyssenkrupp
Commerzbank 1,747 Mrd. Boeing, MTU Aero Engines, Rheinmetall, Rolls Royce und thyssenkrupp
Bayern LB 825 Mio. Boeing, MTU Aero Engines, Rheinmetall, Rolls Royce und thyssenkrupp
DWS (Investment-Tochter der Deutschen Bank) 3,5 Mrd. Daimler, Jenoptik, MTU Aero Engines, Siemens und ThyssenKrupp
Deka Investment (Sparkassen-Fondsanbieter) 760 Mio. Airbus, BAE Systems, Boeing, MTU Aero Engines, Northrop Grumman, Rheinmetall und thyssenkrupp
Allianz 596 Mio. Airbus, BAE Systems, Boeing, MTU Aero Engines, Raytheon und Rheinmetall
Union Investment (Volksbanken-Fondsgesellschaft) 540 Mio. Airbus, Lockheed Martin, MTU Aero Engines, Northrop Grumman, Raytheon und thyssenkrupp
Quelle: Studie „Dirty Profits – Unser Geld für Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete“ der Menschenrechtsorganisationen Facing Finance und urgewald vom 18.07.2018

Ein dritter Grund dafür, gegen die „Siko“ zu demonstrieren, ist die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. Die „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) veröffentlicht jährlich einen Rüstungsexportbericht. 2018 heißt es darin:

Die Kirchen verurteilen die Waffenexporte an Saudi-Arabien, das die Kriegskoalition im Jemen anführt. Alle erteilten Genehmigungen an die beteiligten Staaten müssten sofort widerrufen werden. Mit einem befristeten Exportstopp, wie ihn die Regierung nach der Ermordung des saudischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Khashoggi erklärt habe, sei es nicht getan…

Die beiden großen Kirchen machen die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung zurecht mitverantwortlich für die humanitäre Katastrophe im Jemen. Der katholische GKKE-Vorsitzende Prälat Karl Jüsten kritisierte, die noch für 2018 angekündigte Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien sei nicht in Sicht. Der evangelische Vorsitzende Prälat Martin Dutzmann forderte die Regierung auf, dafür zu sorgen, dass Rüstungsproduzenten wie die Rheinmetall AG nicht länger auf Umwegen Munition in Kriegsgebiete liefern können. Am 3. Januar 2019 wurde bekannt, dass, entgegen der Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag, eine weitere (!) Fregatte an Ägypten ausgeliefert werden soll (SZ 3.1.2019).

Bekanntermaßen gehört Ägypten zur Kriegskoalition, die unter Führung von Saudi Arabien und mit deutschen Waffen eine Seeblockade gegen den Jemen verhängt hat. Diese führt zur derzeit größten humanitären Katastrophe. Seit Beginn des Krieges starben über 80.000 Menschen an den Folgen von Krieg, Hunger und kriegsbedingten Krankheiten. Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Die dafür Verantwortlichen treffen sich bei der sog. Sicherheitskonferenz in München.

Ein vierter Grund, auf die Straße zu gehen ist, gegen Abschiebungen und für sichere Fluchtwege zu demonstrieren. Laut UNHCR sind allein im Juni und Juli des vergangenen Jahres 851 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ertrunken. Im Jahr 2018 waren es über 2060 Menschen. Wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Diese Menschen fliehen vor Zuständen in ihren Herkunftsländern, für die diejenigen verantwortlich sind, die sich bei der „Sicherheits“konferenz treffen. Sie fliehen vor Krieg, Umweltzerstörung, Armut und Unterdrückung.

Abschiebungen in angeblich sichere Herkunftsländer wie z.B. Afghanistan verstoßen gegen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit und internationale Normen der Menschlichkeit. Notwendig wären sichere Fluchtwege und ein Stopp aller Abschiebungen.

Und schließlich gehen wir am 16. Februar auf die Straße, weil die von Naomi Klein aufgeworfene Frage „Kapitalismus vs. Klima“ wohl derzeit zugunsten des Kapitalismus entschieden wird. Zum ersten Mal haben 196 Staaten im Dezember 2015 in Paris einen völkerrechtlich bindenden Vertrag beschlossen, um den Klimawandel zu bremsen und seine Auswirkungen abzufedern. Das Abkommen soll dafür sorgen, dass die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit beschränkt wird. Schon heute ist klar, dass daraus nichts wird. Die Interessen großer transnationalen Konzerne stehen dagegen. Der von Trump vollzogene Austritt aus diesem Klimaabkommen oder die Ankündigungen des neuen brasilianischen Machthabers zur weiteren Abholzung des Regenwaldes lassen Schlimmstes befürchten.

Auch der Natur wird der Krieg erklärt. Es ist höchste Zeit, Widerstand zu leisten!

Am 16. Februar um 13:00 Uhr in München am Karlsplatz/Stachus

Kommentare sind geschlossen.