Ist Deutschland Kriegspartei?

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages untersuchte im Auftrag von Sevim Dagdelen in einem Gutachten, ab wann ein Staat angesichts der militärischen Unterstützung der Ukraine zur Konfliktpartei wird. Das kritische Fazit des Dienstes: Das Narrativ der Nichtkriegsführung gerate argumentativ unter Druck und trotz fehlender Rechts- auffassungen im Völkerrecht lasse sich ein Unbehagen kaum verhehlen. Die Informationsstelle Militarisierung setzt sich mit den Kriterien des Gutachtens auseinander.

In einem Artikel für die Nachdenkseiten schlussfolgert Dagdelen: „Nimmt man die Kriterien der Wissenschaftlichen Dienstes ernst, ist Deutschland mit den NATO-Verbündeten angesichts der massiven Waffenlieferungen sowie den militärischen Ausbildungsprogrammen zur Verbesserung der Schlagkraft der ukrainischen Armee und kontinuierlichen nachrichtendienstlichen Informationen für die Kriegsführung Kiews inzwischen Kriegspartei“.

Bürgermeister für atomare Abrüstung

An diesem Wochenende wehen am Bochumer Rathaus die Fahnen der Mayors for Peace, der Bürgermeister für den Frieden, einem internationalen Netzwerk von 8200 Städten in 166 Ländern. Die Bürgermeister in mehr als 850 deutschen Städten setzen sich aus Sorge um die Sicherheit ihrer Bewohner*innen für atomare Abrüstung ein. Die Organisation wurde 1982 durch den Bürgermeister von Hiroshima, der ersten von Atomwaffen zerstörten Stadt, gegründet. Am 8.Juli 1996 stellte der Internationale Gerichtshof in Den Haag fest, dass die Androhung des Einsatzes und der Einsatz von Atomwaffen generell gegen das Völkerrecht verstoßen. Zudem stellte der Gerichtshof fest, dass eine völkerrechtliche Verpflichtung besteht, „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen und zum Abschluss zu bringen, die zu nuklearer Abrüstung in allen ihren Aspekten unter strikter und wirksamer internationaler Kontrolle führen.“

Anlässlich des Inkrafttretens des internationalen Atomwaffenverbots der UNO führt das Friedensplenum am 22.01.2021 eine Kunstaktion mit noch leeren Stühlen auf dem Rathausvorplatz in Bochum durch .

Um diese Forderungen durchzusetzen, beschlossen 122 von 193 Staaten in der UNO 2017 einen Atomwaffenverbotsvertrag, der 2021 in Kraft getreten ist. Der Rat der Stadt Bochum hat am 11. Juli 2019 mit der Unterzeichnung  folgender Resolution  den Verbotsantrag unterstützt und die Bundesregierung aufgefordert, ihm beizutreten. „Unsere Stadt/unsere Gemeinde ist zutiefst besorgt über die immense Bedrohung, die Atomwaffen für Städte und Gemeinden auf der ganzen Welt darstellen. Wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohner und Einwohnerinnen das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben. Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen 2017 und fordern die Bundesregierung zu deren Beitritt auf.“

Die Bundesregierung hat den Vertrag nicht unterzeichnet und unterstützt heute die „Modernisierung“, also die Verschlimmerung, der in Deutschland gelagerten Atomwaffen. Mit verschiedenen Aktionen hat sich das Bochumer Friedensplenum für das Verbot von Atomwaffen eingesetzt.

Schritte auf dem Weg zum Frieden

Schritte auf dem Weg zum Frieden in der Ukraine schildert der US-Ökonom Jeffrey Sachs am Rande der Wiener Friedenskonferenz in einem Interview mit der Tageszeitung „junge Welt“: „Es gibt vier Hauptaspekte auf dem Weg zum Frieden: Erstens sollte die NATO endlich anerkennen, dass ihre Ausweitung auf die Ukraine und Georgien eine rücksichtslose Idee der USA war. Es war ein Plan, von dem klar war, dass er die roten Linien Moskaus überschreiten wird, wie die russische Führung schon lange gewarnt hatte. Zweitens sollte die Ukraine erkennen, dass sie einen Fehler begangen hat, als sie das Minsk-II-Abkommen nicht umgesetzt hat. Drittens sollte Russland im Rahmen eines Friedensabkommens sein Militär aus der Ukraine abziehen. Viertens sollte Europa, einschließlich Russland und der Ukraine, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, OSZE, neu beleben, um ein wirklich europäisches Sicherheitssystem zu haben und nicht ein von den USA geführtes NATO-System, das die Sicherheitsarchitektur Europas bestimmt. All diese Punkte zu erreichen ist durch Verhandlungen möglich, nicht jedoch durch Krieg.“ Sachs entwickelt langfristige Lösungsvorschläge, zu denen die Neutralität und ein EU-Beitritt der Ukraine gehören.  Hier findet sich das gesamte Interview.

Zukunftscamp vom 4. bis 9. Juli

Heute, Dienstag 4. Juli, beginnt ein Zukunftscamp für atomare Abrüstung und Klimaaktion. Es wird von IPPNW und ICAN organisiert und findet in Düren statt, zwischen Hambacher Forst und  Nörvenich, wo die Bundeswehr zur Zeit den Einsatz von Atomwaffen probt, denn der Atomwaffenstützpunkt Büchel wird umgebaut. Das Programm vom 4. bis zum 9. Juli  kündigt Workshops zum Zusammenhang zwischen Atomwaffenverbotsvertrag und Klimagerechtigkeit, zwischen Krieg und Umwelt und zwischen Feminismus und Atomwaffen an.

Strategische Kommunikation in Medien

Das Essener Friedensforum hat in Kooperation mit der VHS Essen Ekkehard Sieker zum Vortrag „Strategische Kommunikation in Hinblick auf Kriegspropaganda“ eingeladen. „Die Hoheit über die Verbreitung von Informationen zu erlangen und zu behalten ist als Kriegsziel heute mindestens so wichtig, wie die Lufthoheit über feindlichem Gebiet. Als erlaubt gilt, was den eigenen Zielen nützt“ (Die Tagespost). Das ist der Hintergrund, vor dem Leitmedien ihrer journalistischen Arbeit unter den Bedingungen sogenannter ‚Strategischer Kommunikation‘ nachgehen. So finden Interessenlagen mit Hilfe von Medien propagandistische Verbreitung.

Der Referent Ekkehard Sieker ist freier Fernseh- und Wissenschaftsjournalist und war langjährig Mitarbeiter der politischen Magazine MONITOR und PLUSMINUS.

Die Veranstaltung findet in der VHS Essen am 21. Juni 2023 von 19h – 21 Uhr statt. Näheres hier.

 

 

Atomwaffen und erhöhte Kriegsgefahr

 

Am letzten Montag, 12.06.23, hielt Andreas Zumach diesen Vortrag zum Thema: >Atomwaffen und Raketenabwehr. „Modernisierung“ erhöht Kriegs- und Atomkriegsgefahr.<  Es handelt sich um eine komprimierte Darstellung des stetig wachsenden atomaren Wettrüstens hin zu den Verschlimmerungen der Technik und den aktuellen Gefahren. Wer glaubt, da schon alles zu wissen, sollte sich unbedingt  Zumachs Mobilisierungsvorschläge am Ende des Vortrags anhören : Streit schaffen! und:  Bei den jungen Menschen an anderen Orten mit der Aufklärung beginnen!

Verstärkte Atomrüstung

Alle Atomwaffenstaaten verstärken ihre Atomrüstung. Das geht aus dem Jahresbericht des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI hervor. Die Zahl der einsatzfähigen Atomwaffen sei um 86 auf 9576 gestiegen. „Wir driften in eine der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte“, sagte SIPRI-Direktor Dan Smith laut tagesschau de.. Er forderte, die Nukleardiplomatie wiederherzustellen und die internationalen Kontrollen von Atomwaffen zu verstärken.

Es gibt keine kleinen Atomwaffen

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW lädt ein zum Thema „Nukleare Teilhabe: Es gibt keine kleinen Atomwaffen – auch nicht in Europa“ mit Annika Simon, vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Die Online-Veranstaltung findet am Mittwoch, 7. Juni 2023, von 19 bis 20 Uhr statt.  In der Einladung heißt es: Atomwaffen werden häufig in „taktische“ und „strategische“ Waffen eingeteilt, oft mit dem Vorbehalt, dass taktische Atomwaffen klein seien.

Der Vortrag bietet einen Überblick über die Größenordnung von Atomwaffen und deren kurz- und langfristigen Folgen. Unter diesem Gesichtspunkt wird ein Blick auf die derzeit in Europa stationierten Waffen geworfen und gezeigt, weshalb diese auf keinen Fall bagatellisiert werden dürfen. Online-Anmeldung hier .

DFG-VK zu Kriegsübung „Air-Defender“

10.000 Militärs aus 25 Nationen und 220 Luftfahrzeuge sollen vom 12. bis 23. Juni 2023 an der NATO-Großübung „Air Defender“ teilnehmen. Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) fordert in einer Presseerklärung eine Absage der geplante Großübung der NATO. Durch das militärische Muskelspiel drohe eine direkte Konfrontation zwischen dem Militärbündnis und Russland. Auch vom russischen Militär fordert die Friedensorganisation Deeskalation – etwa durch einen Rückzug aus der Ukraine.

Beim anstehenden „Air Defender“-Manöver sorgt sich die DFG-VK nicht nur um eine direkte Konfrontation: „Wer im Juni ein Militärflugzeug hört oder über sich sieht, sollte daran denken, dass es jede Sekunde enorme Steuergelder verfeuert, die etwa im Sozialen-, Bildungs- oder Gesundheitsbereich und beim Klimaschutz fehlen“, macht Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK, aufmerksam. Die Bundesregierung müsse endlich Umdenken und beim Militär sparen: „Die tatsächlich sicherheitsrelevanten Probleme der Menschen sind mit Militär nicht zu lösen“, so Schulze von Glaßer.