Vom Schlafwandler zum Traumtänzer

In der Erwartung, dass die zur Zeit populäre These vom „Schlaf- wandeln“ in den Ersten Weltkrieg korrigiert werde, wurde am Freitag auf dieser Seite ein Vortag von Prof. Gerd Krumeich empfohlen. Leider konnte jedoch von einer Aufklärung der Kriegsursachen keine Rede sein. Im Nebensatz erwähnte der Historiker zwar, dass der Imperialismus eine Rolle gespielt habe, betonte auch die Verantwortung Österreichs und Deutschlands dafür, die Augustkrise nicht verhindert zu haben, sich wie „Traumtänzer“ verhalten zu haben, ließ aber alle ökonomischen Interessen am Krieg unter den Tisch fallen. Schade! ( Näheres dazu bei bo-alternativ).

Ausstellungseröffnung:
Bochum im ersten Weltkrieg

Ab Sonntag, 24. August  zeigt das Bochumer Stadtarchiv die Ausstellung „Zwischen Heimat und Front – Bochum im ersten Weltkrieg“Dokumentiert werden die Spuren Bochumer Soldaten an allen Fronten, die Veränderungen in der Stadt im Dienste des Krieges, aber auch die Auswirkungen der ersten Schlachten auf die belgische Zivilbevölkerung der Stadt Virton. Die Ausstellung endet mit den „Lehren“ des Krieges und leitet damit über zu einer Ausstellung des Stadtarchivs zur NS-Zeit. Geöffnet: dienstags bis freitags von 10-18 Uhr, Zentrum für Stadt- geschichte, Wittener Straße 47.

Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag um 11 Uhr mit einem Vortrag des Historikers Prof. Gerd Krumeich zum Thema: „Der Erste Weltkrieg – vom Mächtekonflikt zum Vernichtungskrieg“. Anders als augenblicklich sehr erfolgreiche Autoren betont er die besondere Verantwortung Deutschlands und Österreichs in der Krise nach dem Mord in Sarajewo. Diese Ver- anstaltung mit Grußworten und musikalischem Rahmenprogramm findet in der Aula des Ottilie-Schoenwald-Berufskollegs an der Wittener Str. 61 statt.

 

Waffen für irakische Kurden?

Während die Bundesregierung zunächst Waffenlieferungen zur Be-  kämpfung islamistischer Terrorgruppen im Irak ausschloss, mehren sich jetzt die Befürworter von Militärhilfe. Die schrecklichen Nachrichten von bestialischen Hinrichtungen und die Bilder von durstenden, von jeder Versorgung abgeschnittenen  Flüchtlingen machen diese Forderungen verständlich.                                                                                      Für die Rüstungslobby ist das eine erfreuliche Entwicklung. „Rettet der Irak die deutschen Waffenfirmen?“, fragt die FAS (17.8.)  Verdächtigte doch der Geschäftsführer des „Bundesverband der Deutschen Sicherheits-und Verteidigungsindustrie“ zunehmend Wirtschaftsminister Gabriel, das generelle Exportverbot für Militärgüter in Krisenregionen genauer als bisher befolgen zu wollen. Inzwischen befürwortet auch Gabriel deutsche Waffenlieferungen an den Irak.                              Auch die Propagandisten einer angeblich gewachsenen militärischen Verantwortung Deutschlands in der Welt sehen sich bestärkt: Während militärisches Eingreifen in der Öffentlichkeit sonst unpopulär sei und politischen Mut erfordere, habe sich im Fall Irak “ eine ganz andere Dynamik entwickelt“, schreibt Thomas Gutschker in der FAS (17.8.) und resümiert:  „Wenn nun darüber geredet wird, ist das Land einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Es hat seine eigene Ver-  antwortung erkannt und angenommen…“.  weiterlesen

Flugzeugabsturz nach wie vor ungeklärt

Vermutlich nach Raketenbeschuss starben am 17. Juli 298 Menschen bei einem Flugzeugabsturz über der Ukraine. Nach wie vor sind Ursache und Urheber nicht bekannt, was die Medien nicht hindert, Russland als Schuldigen auszumachen. „Nichts ist unmöglich, auch nicht, dass der Abschuss tatsächlich auf das Konto der Separatisten oder Russlands geht – nur ob dies wahrscheinlich ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.“, schreibt Jürgen Wagner und untersucht in einem Beitrag für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) die Indizien, die die geläufige Schuldzuweisung in Frage stellen. Hier geht es zu dem Artikel.

Hiroshima mahnt

Das Bochumer Friedensplenum erinnerte am 6. August an die atomare Vernichtung von Hirohima vor 69 Jahren und machte darauf aufmerksam, dass die in Deutschland stationierten Atombomben nicht  – wie von der Bundesregierung versprochen – abgezogen sondern durch noch gefährlichere Atombomben ersetzt werden sollen. Dazu gibt es einen sehr lesenswerten Beitrag von Arno Neuber auf den Seiten der Informationsstelle Militarisierung, der die verschleierte Teilhabe der deutschen Regierung an der Modernisierung der hier lagernden Atomwaffen thematisiert.

1. August 1914 – 1. August 2014

Das Bochumer Friedensplenum erinnerte am Freitag, dem 1. August, an den 100. Jahrestag der Deutschen Kriegserklärung. Kundgebungsort war der Springerplatz, auf dem gleichzeitig der Delikatessenmarkt einiger Bochumer Geschäftsleute stattfand, die diesen Markt wieder nach dem preußischen Militärführer Moltke benannt haben.                           Mitglieder des Friedensplenums lasen aus Dokumenten, die sich gegen die Marktbennenung wandten, Moltke charakterisierten, Warnungen vor dem Krieg äußerten, die Kriegsbegeisterung deutscher Hochschullehrer dokumentierten, die Spirale der Gewalt im Israel/Palästina-Krieg veranschaulichten und vor der Eskalation im Ost-West-Konflikt um die Ukraine warnten. Zwischen den Texten waren Antikriegslieder und -gedichte zu hören. Die Texte, Gedichte und Lieder: (weiterlesen)

Hundert Jahre Erster Weltkrieg

Mit den erfolgreichen Büchern von Clark, Münkler u.a. zum 1. Weltkrieg lebt eine Debatte auf, in der die besondere Schuld des deutschen Kaiserreiches am Krieg in Frage gestellt wird. Die ag.friedensforschung hat ein  Dossier mit ganz anderen Überlegungen zusammengestellt:  „1914-2014: 100 Jahre Erster Weltkrieg. Ursachen, Lehren, Gedenken, Erinnerungen“. Viele Artikel darin setzen sich  mit der Oberflächlichkeit der Bestseller auseinander und beharren darauf, Ursachen und Ziele des Krieges herauszuarbeiten..

Flaggen für eine friedliche Welt

Seit heute flattert die Fahne der „Mayors for Peace“ vor dem Bochumer Rathaus. Die Bochumer Oberbürgermeisterin war 2005 dem Bündnis von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in 156 Ländern beigetreten, das die Abschaffung aller Atomwaffen und den Abschluss eines inter-  nationalen Verbotsvertrages fordert. Mit der Fahne will die Stadt Bochum ein Zeichen für eine friedliche Welt ohne Atomwaffen setzen. Das Bochumer Friedensplenum wünscht sich mehr als eine Fahne. Flagge zeigen im Sinne einer klaren Stellungnahme in ihrem Verantwortungs- bereich sollte Frau Scholz gegen die Wiederverwendung des Namens Moltke für den Markt am Springerplatz und gegen die Bundeswehr- werbung bei der Berufsbildungsmesse, die sich an Kinder und Jugendliche wendet.

Nachtrag: Vertrautes

1914 war es der Flottenverein, der im Zusammenwirken zwischen Rüstungsindustrie und Politik Massenpropaganda für den Flottenbau      und die kriegerische Auseinandersetzung mit England betrieb.  Heute schwer vorstellbar, aber wahr: Am  2. Juli 2014 gründete sich im Landtag ein „Freundeskreis der Fregatte Nordrhein-Westfalen„.  Ziel ist es, die „Verbundenheit zwischen der Fregatte und den Bürgern“ zu fördern.  Die Landtagspräsidentin und Bochumer Landtagsabgeordnete Carina Gödeke versprach Unterstützung „nach besten Kräften“.             Die Fregatte Nordrhein-Westfalen ist eine von vier neuen Fregatten  (Kosten: 2,6 Mrd. €). In der verschleiernden Sprache des Militärs werden ihre  Aufgaben so beschrieben: „Neben den traditionellen Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung sind die Fregatten der Klasse 125 für Konfliktverhütung, Krisenbewältigung sowie Eingreif- und Stabilisierungsoperationen im internationalen Rahmen ausgelegt“.

Vertrautes

Als „Internationale Räuberbande“ würden heutige Abgeordnete die Rüstungsindustrie vielleicht nicht bezeichnen, doch die Fakten, die Karl Liebknecht vor hundert Jahren im Reichstag vorbrachte, klingen sehr vertraut. Rainer Zilkenat hat sie unter dem Titel „Eine Jahrhundertrede“ zusammengetragen. Da ging es um die die enge Zusammenarbeit zwischen Kaiser und Kanonenkönig Krupp zur  Aufrüstung, den Wechsel hoher Regierungsbeamter aus dem Militärbereich in die Rüstungs- industrie, um Lobbyismus und Korruption, vor allem aber um den lukrativen Export deutscher Waffen in alle Welt, sogar an Serbien, das nicht einmal zwei Monate später der Feind und Anlass zum 1. Weltkrieg war. „Die Firmen dieses Konzerns“, formuliert Liebknecht, „haben den ganzen Erdball in Interessenssphären zur Exploitation unter sich geteilt, um Geld zu münzen aus dem Völkermord, aus der Zwietracht der Völker.“  Die Fakten waren nicht zu widerlegen und so hielt man Lieb- knecht damals schon das Argument entgegen, dass dieser Rüstungs- export Arbeitsplätze und Löhne sichern würde. In seiner Antwort fordert Liebknecht, „daß die Rüstungsindustrie vom Boden verschwindet“ und fragt: „Glauben Sie, daß die Leute, die bis dahin in der Rüstungs- industrie gearbeitet haben, von da an verhungern werden? Werden ihre Hände und Arbeitskräfte nicht für bessere Zwecke, für die Gesamtkultur nützlicher, verwendet werden?“