Laufen für eine Welt ohne Waffen

Die Bundesrepublik Deutschland ist weltweit der drittgrößte Rüstungsexporteur von Kleinwaffen (Pistolen und Gewehre) und viertgrößter Rüstungsexporteur von Großwaffensystemen (Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und Kampfpanzer). Deutsche Waffen werden an menschenrechtsverletzende und kriegsführende Staaten exportiert. Mit ihnen werden schwere Menschenrechtsverletzungen verübt, Millionen von Menschen in die Flucht getrieben oder getötet. Das Bündnis „Frieden geht“ fordert als Schritt zum grundsätzlichen Exportverbot :

  • Kein Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern an menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten
  • Exportverbot von Kleinwaffen und Munition
  • Keine staatlichen Hermesbürgschaften zur Absicherung von Rüstungsexporten
  • Keine Lizenzvergaben zum Nachbau deutscher Kriegswaffen
Diese Forderungen sind zentrales Element des Staffellaufes von Oberndorf nach Berlin und werden, in den durchsichtigen Acryl-Staffelstab eingerollt, von den Läufer*innen durch ganz Deutschland getragen. Morgen findet die Aktion in Berlin ihren Abschluss. Hier das Programm.

Mehrheit gegen Rüstungsexporte

Am Dienstag, dem 29. Mai 2018, wurde auf einer Pressekonferenz von „Frieden geht!“ die Umfrage zum Thema Rüstungsexporte veröffentlicht und vorgestellt. Demnach ist eine deutliche Mehrheit von 64% der Deutschen gegen den Verkauf von Waffen und anderen Rüstungsgütern an andere Staaten. Überwältigende 80% der Bundesbürger*innen lehnen Exporte in Kriegs- und Krisengebiete ab. Nur 9 % befürworten den Verkauf von Waffen dorthin. Besonders stark ist die Ablehnung bei Waffenlieferungen an den NATO-Partner Türkei. 83% sprechen sich dagegen aus, dass Deutschland Waffen und andere Rüstungsgüter in das Land exportiert. Hier findet sich die dazu heraus gegebene Presseerklärung von „Frieden geht!“.

Gefährdung durch die Bundeswehr

Am 28. Mai  2018 stellten in Karlsruhe acht deutsche Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, darunter die Internationale Liga für Menschenrechte, den neuen Grundrechte-Report 2018 der Öffentlichkeit vor. In 45 Beiträgen werden Grundrechtsverletzungen und -gefährdungen des vergangenen Jahres geschildert. Ein Schwerpunkt des aktuellen Berichts beschäftigt sich mit der Militarisierung der Inneren und äußeren Sicherheit. Rolf Gössner kritisiert die Aufrüstung der Bundeswehr zum Cyberkrieg. Mit dieser digitalen Kampftruppe mit (geplant) etwa 15.000 Dienstposten beteiligt sich die Bundesrepublik am globalen Wettrüsten im Cyberspace – ohne Parlamentsbeteiligung, demokratische Kontrolle und gesetzliche Grundlagen. In einem weiteren Beitrag befasst Gössner sich mit den gemeinsamen Übungen zwischen Polizei und Bundeswehr, obwohl die Bundeswehr nach dem Grundgesetz nur in eng begrenzten Ausnahmefällen im Innern des Landes eingesetzt werden darf.

Reservearmee für den „Einsatz in der Heimat“

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte bei einem „Parlamentarischen Abend“ des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, das Ministerium habe den für den 9. Juni anberaumten nationalen „Tag der Bundeswehr“ der Armeereserve „gewidmet“, berichtet German-Foreign-Policy. Zur Begründung hieß es, das deutsche Militär „brauche“ Soldaten, die auch nach dem Ende ihrer Dienstzeit mobilisierbar sind, „mehr denn je“  – „als Reserve für den Ernstfall und als verlässliche Unterstützung der Truppe im Einsatz wie in der Heimat“. Dem Bericht zufolge richten sich die Rekrutierungs- maßnahmen der Bundeswehr zunehmend an sogenannte Ungediente, die  bisher nicht mit dem Militär in Berührung gekommen seien. Sie würden bereits seit längerem an der „scharfen Waffe“ ausgebildet und sollten nach dem Willen der politisch-militärischen Führung vorrangig bei der Aufstandsbekämpfung im Inland Verwendung finden.

Immer mehr Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen

IMI via Das Neue Deutschland berichten über eine Anfrage der LINKEN über die Tätigkeit von Jugendoffizieren: „Es habe fünf Prozent mehr entsprechende Einsätze gegeben. Allein die Karriereberater der Bundeswehr erreichten durch 972 Maßnahmen gut 225 000 Schüler, wie aus der Regierungsantwort hervorgeht. Die Jugendoffiziere sprachen bei 3331 Vorträgen insgesamt gut 89 000 Jugendliche an. Bei 681 Seminaren erreichten die Jugendoffiziere insgesamt mehr als 23 000 Schüler.“

Die Praxis, Kinder und Jugendliche für die Bundeswehr zu begeistern wird von vielen Organisationen abgelehnt. „Werbung für Militäreinsätze widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterschrieben hat“, stellt u.a. terre des hommes fest. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Deutschen Bundestages haben der Bundesregierung empfohlen, das Eintrittsalter in die Bundeswehr auf 18 Jahren anzuheben und jegliche Militärwerbung bei Kindern und Jugendlichen zu verbieten.

Politik der Nichteinmischung statt militärischer Interventionen

Beinahe täglich lesen wir Klagen über die angebliche fehlende Ausstattung der Bundeswehr. Auch der Bundesrechnungshof hat laut tagesschau.de an der Bundeswehr nur zu bemängeln, dass Waffen- systeme nicht einsatzbereit seien. Davon heben sich die Überlegungen des Friedensforschers Herbert Wulf in der sozialdemokratischen IPG  (Internationale Politik und Gesellschaft), auf die IMI-Aktuell verweist, wohltuend ab. Das Reden von gewachsener außen- und sicherheits- politischer Verantwortung bezeichnet Wulf als Schlagwort, “ weit davon entfernt, ein klares oder gar überzeugendes Konzept zu sein“. “ Natürlich kann die Bundeswehr mehr finanzielle Mittel gebrauchen, um Panzer, Hubschrauber, Schiffe, Kampfflugzeuge oder Drohnen zu beschaffen. Aber für welchen Zweck?“, fragt er. Bei den militärischen Interventionen der vergangenen Jahre, in Afghanistan, Libyen, Mali und Syrien sei keines der vorgeblichen Ziele erreicht worden. Deutschland solle sich nach diesen Erfahrungen mit Waffenexporten und militärischen Einsätzen zurückhalten, auch bei der sogenannten militärischen „Ertüchtigung“ fremder Armeen, die nichts anderes als verkappte Militärhilfe sei. Das Gegenteil von militärischer Verantwortungs- übernahme sei notwendig, „eine konsequente Politik der Nicht- einmischung“. Das könne zu einer anderen Form von Verantwortung führen, für Krisenprävention und Konfliktmanagement, für die sich der Einsatz von zwei Prozent vom Bruttosozialprodukt lohnen würde.

Deutsche Bank will aus Atomwaffengeschäft aussteigen

„Die Deutsche Bank will ihre Geschäftsbeziehungen zu Atomwaffen-Herstellern beenden“, meldet die Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) in einer Presseerklärung. Mit einer „Richtlinie zu kontroversen Waffen“ reagiert die Bank auch auf Kritik der Organisation, die im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis erhielt. ICAN hatte in einer Studie zusammen mit der Friedensorganisation PAX aufgedeckt, dass die Deutsche Bank mehrere Milliarden Euro in Hersteller von Atomsprengköpfen und Atomraketen investiert hatte. „Jetzt müssen wir sehen, wie die Deutsche Bank ihre Richtlinie in der Praxis umsetzt,“ erklärt das Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland, Martin Hinrichs. „Wenn den Worten auch Taten folgen, dann ist die neue Politik vorbildlich. Auch andere große Finanzinstitute wie die Commerzbank oder die Allianz müssen Geschäfte mit Atomwaffen-Herstellern nun klar ausschließen“.

Für ICAN hielt Jonathan Seel heute eine Rede auf der Haupt- versammlung der Deutschen Bank. Er wies kritisch auf Klärungsbedarf bei möglichen Ausnahmeregelungen hin, begrüßte aber die Erklärung der Bank als wichtigen ersten Schritt.    „Mit etwas Glück trägt dieser Anfang zum Ende der atomaren Bedrohung bei“, äußerte er am Ende seiner Rede.

Gerichtsverfahren gegen Waffenproduzenten

Am Dienstag vergangener Woche begann vor dem Stuttgarter Landgericht der Prozess gegen Verantwortliche bei „Heckler & Koch“ wegen illegaler Exporte von G36-Sturmgewehren nach Mexiko. Aus diesem Anlass gedachte die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ gemeinsam mit der Deutschen Menschenrechts- koordination Mexiko der Opfer der skrupellosen Waffenexporte.

„Es ist ein Riesenerfolg, dass es dieses Gerichtsverfahren gibt! Im Kern geht es um die nicht genehmigte Lieferung von G36-Gewehren in mexikanische Unruheprovinzen“, so Jürgen Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros und Bundessprecher der DFG-VK. „Trotzdem sitzt nur eine der zu beschuldigenden Institutionen auf der Anklagebank. Hier hätten auch Vertreter jener Behörden sitzen müssen, die für die Kontrolle von Rüstungsexporten zuständig sind – das Bundesausfuhramt und das Bundeswirtschaftsministerium. Sie haben den illegalen Waffen- handel zumindest geduldet, wenn nicht sogar befördert!“, kritisiert der Sprecher der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel.“

Ab morgen: „Frieden geht“

Der Staffellauf gegen Rüstungsexporte „Frieden geht!“ führt vom 21. Mai bis 2. Juni 2018 einmal quer durch Deutschland von Oberndorf a. Neckar bis Berlin. Er startet am 21. Mai mit Kundgebungen bei der Rheinmetall AG und vor der Waffenfirma Heckler & Koch, die zu den fünf größten Gewehr- und Pistolenherstellern und -exporteuren weltweit gehört. Der südafrikanische Rüstungsexportkritiker und Autor Andrew Feinstein wird reden. An der Wegstrecke passieren die Läufer*innen weitere Rüstungs- produzenten und -exporteure, politische Entscheidungszentralen und Behörden. Der Friedenslauf führt über 1.100 Kilometer in 13 Tagen nach Berlin und ist unterteilt in mehr als 80 Etappen. Darunter gibt es Geh- und Joggingabschnitte sowie Halbmarathons und Marathons und einzelne Etappen für Radfahrer*innen bzw. Skater*innen. Es haben sich bereits knapp 1.000 Menschen angemeldet, die mitlaufen, -gehen oder -radeln. Viele weitere Hunderte Menschen bereiten den Empfang der LäuferInnen vor, organisieren Vortragsveranstaltungen, Podiums- diskussionen oder Kinoabende zum Thema Rüstungsexporte entlang der Strecke. Am 2. Juni 2018 endet der Lauf in Berlin.

Militärische Konzeption und deren Kosten

Einen Überblick über die militärische Konzeption der Bundesregierung und deren Kosten gibt German Foreign Policy in dem Artikel „Die Kosten der Weltpolitik„. Mindestens 62,5 Milliarden Euro bis 2025 dienen dem Umbau der Bundeswehr zu einer Armee, die einen Krieg mit einer Großmacht führen kann, „ohne dass freilich die militärischen Vorbereitungen auf zukünftige Interventionskriege auch in schwächeren Staaten aufgegeben würden.“ Dazu werden eine massive Aufrüstung, eine erhöhte Personalstärke und verstärkter Waffenexport gebraucht.